Was ist Metaphysik?

╗Was ist Metaphysik?л - Die Frage weckt die Erwartung, es werde über die Metaphysik geredet. Wir verzichten darauf. Statt dessen erörtern wir eine bestimmte metaphysische Frage. Dadurch lassen wir uns unmittelbar in die Metaphysik versetzen. Wir verschaffen ihr so allein die rechte Möglichkeit, sich selbst vorzustellen. Unser Vorhaben beginnt mit der Entfaltung eines metaphysischen Fragens, versucht sodann die Ausarbeitung der Frage und vollendet sich mit deren Beantwortung.

Die entfaltung EINES METAPHYSISCHEN fragens.

 

Die Philosophie ist - aus dem Blickpunkt des gesunden Menschenverstandes gesehen - nach Hegel die ╗verkehrte Weltл. Daher bedarf die Eigentümlichkeit unseres Beginnens der vorbereitenden Kennzeichnung. Diese erwächst aus einer doppelten Charakteristik des metaphysischen Fragens.

Einmal umgreift jede metaphysische Frage immer das Ganze der Problematik der Metaphysik. Sie ist je das Ganze selbst. Sodann kann jede metaphysische Frage nur so gefragt werden, daß der Fragende - als ein solcher - in der Frage mit da, d. h. in die Frage gestellt ist.

Hieraus entnehmen wir die Anweisung: das metaphysische Fragen muß im Ganzen und je aus der wesentlichen Lage des fragenden Daseins gestellt werden. Wir fragen, hier und jetzt, für uns. Unser Dasein - in der Gemeinschaft von Forschern, Lehrern und Studierenden - ist durch die Wissenschaft bestimmt. Was geschieht Wesentliches mit uns im Grunde des Daseins, sofern die Wissenschaft unsere Leidenschaft geworden ist?

Die Gebiete der Wissenschaften liegen weit auseinander. Die Behandlungsart ihrer Gegenstände ist grundverschieden. Diese zerfallene Vielfältigkeit von Disziplinen wird heute nur noch durch die technische Organisation von Universitäten und Fakultäten zusammen- und durch die praktische Abzweckung der Fächer in einer Bedeutung erhalten. Dagegen ist die Verwurzelung der Wissenschaften in ihrem Wesensgrund abgestorben.

Und doch - in allen Wissenschaften verhalten wir uns, ihrem eigensten Absehen folgend, zum Seienden selbst. Gerade von den Wissenschaften aus gesehen hat kein Gebiet vor dem anderen einen Vorrang, weder die Natur vor der Geschichte, noch umgekehrt. Keine Behandlungsart der Gegenstände überragt die andere. Mathematische Erkenntnis ist nicht strenger als die philologischhistorische; sie hat nur den Charakter der ╗Exaktheitл, was mit Strenge nicht zusammenfällt. Von der Historie Exaktheit fordern, hieße gegen die Idee der spezifischen Strenge der Geisteswissenschaften verstoßen. Der alle Wissenschaften als solche durchherrschende Bezug zur Welt läßt sie das Seiende selbst suchen, um es je nach seinem Wasgehalt und seiner Seinsart zum Gegenstand einer Durchforschung und begründenden Bestimmung zu machen. In den Wissenschaften vollzieht sich - der Idee nach - ein In-die-Nähe-kommen zum Wesentlichen aller Dinge.

Dieser ausgezeichnete Weltbezug zum Seienden selbst ist getragen und geführt von einer frei gewählten Haltung der menschlichen Existenz. Zum Seienden verhält sich zwar auch das vor- und außerwissenschaftliche Tun und Lassen des Menschen. Die Wissenschaft hat aber ihre Auszeichnung darin, daß sie grundsätzlich und ausdrücklich und einzig der Sache selbst das erste und letzte Wort gibt. In solcher Sachlichkeit des Fragens, Bestimmens und Begründens vollzieht sich eine Unterwerfung unter das Seiende selbst, auf daß es an ihm sei, sich zu offenbaren. Diese Dienststellung der Forschung und Lehre entfaltet sich zum Grunde der Möglichkeit einer eigenen, obzwar begrenzten Führerschaß im Ganzen der menschlichen Existenz. Der besondere Weltbezug der Wissenschaft und die ihn führende Haltung des Menschen sind freilich erst dann voll begriffen, wenn wir das sehen und fassen, was in dem so gehaltenen Weltbezug geschieht. Der Mensch - ein Seiendes unter anderem - ╗treibt Wissenschaftл. Es geschieht in diesem Treiben nichts Geringeres als der Einbruch eines Seienden, genannt Mensch, in das Ganze des Seienden, so zwar, daß in und durch diesen Einbruch das Seiende in dem, was und wie es ist, aufbricht. Der aufbrechende Einbruch verhilft in seiner Weise dem Seienden allererst zu ihm selbst.

Dieses Dreifache - Weltbezug, Haltung, Einbruch - bringt in seiner wurzelhaf ten Einheit eine befeuerende Einfachheit und Schärfe des Da-seins in die wissenschaftliche Existenz. Wenn wir das so durchleuchtete wissenschaftliche Dasein für uns ausdrücklich in Besitz nehmen, dann müssen wir sagen:

Worauf der Weltbezug geht, ist das Seiende selbst - und sonst nichts.

Wovon alle Haltung ihre Führung nimmt, ist das Seiende selbst - und weiter nichts.

Womit die forschende Auseinandersetzung im Einbruch geschieht, ist das Seiende selbst- und darüber hinaus nichts.

Aber merkwürdig - gerade in dem, wie der wissenschaftliche Mensch sich seines Eigensten versichert, spricht er von einem Anderen.

Erforscht werden soll das Seiende nur und sonst - nichts; das Seiende allein und weiter - nichts; das Seiende einzig und darüber hinaus - nichts.

Wie steht es um dieses Nichts? Ist es Zufall, daß wir ganz von selbst so sprechen? Ist es nur so eine Art zu reden - und sonst nichts?

Allein was kümmern wir uns um dieses Nichts? Das Nichts wird ja gerade von der Wissenschaft abgelehnt und preisgegeben als das Nichtige. Doch wenn wir das Nichts dergestalt preisgeben, geben wir es dann nicht gerade zu ? Aber können wir von einem Zugeben sprechen, wenn wir nichts zugeben? Und geraten wir vollends mit alledem nicht in ein leeres Wortgezänk? Muß nicht gerade jetzt die Wissenschaft erneut ihren Ernst und ihre Nüchternheit einsetzen, daß es ihr einzig um das Seiende geht? Das Nichts - was kann es der Wissenschaft anderes sein als ein Greuel und eine Phantasterei?

Ist die Wissenschaft im Recht, dann steht nur das eine fest: die Wissenschart will vom Nichts nichts wissen. Und dies ist am Ende die wissenschaftlich strenge Erfassung des Nichts. Wir wissen es, indem wir von ihm, dem Nichts, nichts wissen wollen.

Die Wissenschaft will vom Nichts nichts wissen. Aber ebenso gewiß bleibt be-stehen: gerade wo sie ihr eigenes Wesen auszusprechen versucht, ruft sie das Nichts zu Hilfe. Was sie verwirft, nimmt sie in Anspruch. Welch zwiespältiges Wesen enthüllt sich da?

Bei der Besinnung auf unsere faktische Existenz - als eine durch die Wissenschaft bestimmte - sind wir mitten in einen Widerstreit hineingeraten. In diesem Streit hat sich schon ein Fragen entfaltet. Die Frage verlangt nur eigens ausgesprochen zu werden:

Wie steht es um das Nichts?

 

Die Ausarbeitung derfrage.

 

Die Ausarbeitung der Frage nach dem Nichts muß uns in die Lage bringen, aus der die Beantwortung möglich oder aber die Unmöglichkeit der Antwort einsich-tig wird. Das Nichts ist zugegeben, d.h. mit überlegener Gleichgültigkeit dagegen von der Wissenschaft preisgegeben als das, was ╗es nicht gibtл.

Gleichwohl versuchen wir, nach dem Nichts zu fragen: was ist das Nichts? Schon der erste Anlauf zu dieser Frage zeigt etwas Ungewöhnliches. In diesem Fragen setzen wir im vorhinein das Nichts als etwas an, das so und so ╗istл - als ein Seiendes. Davon ist es aber doch gerade schlechthin unterschieden. Das Fragen nach dem Nichts - was und wie es, das Nichts, sei - verkehrt das Befragte in sein Gegenteil. Die Frage beraubt sich selbst ihres eigenen Gegenstandes.

Dementsprechend ist auch jede Antwort auf diese Frage von Hause aus unmöglich. Denn sie bewegt sich ja notwendig in der Form: das Nichts ╗istл das und das. Frage und Antwort im Hinblick auf das Nichts sind gleicherweise in sich widersinnig.

So bedarf es nicht erst der Zurückweisung durch die Wissenschaft. Die gemeinhin beigezogene Grundregel des Denkens überhaupt, der Satz vom zu vermeidenden Widerspruch, die allgemeine ╗Logikл, schlägt diese Frage nieder. Denn das Denken - wesenhaft immer Denken von etwas - müßte als Denken des Nichts seinem eigenen Wesen entgegenhandeln.

Weil uns so versagt bleibt, das Nichts überhaupt zum Gegenstand zu machen, sind wir mit unserem Fragen nach dem Nichts schon am Ende - unter der Voraussetzung, daß in dieser Frage die ╗Logikл die höchste Instanz ist, daß der Verstand das Mittel und das Denken der Weg ist, um das Nichts ursprünglich zu fassen und über seine mögliche Enthüllung zu entscheiden.

Aber läßt sich die Herrschaft der ╗Logikл antasten? Ist der Verstand nicht wirklich Herr in dieser Frage nach dem Nichts? Mit seiner Hilfe können wir ja doch überhaupt nur das Nichts bestimmen und als ein wenn auch nur sich selbst verzehrendes Problem ansetzen. Denn das Nichts ist die Verneinung der Allheit des Seienden, das schlechthin Nicht-Seiende. Hierbei bringen wir doch das Nichts unter die höhere Bestimmung des Nichthaften und somit des Verneinten. Verneinung ist aber nach der herrschenden und nie angetasteten Lehre der ╗Logikл eine spezifische Verstandeshandlung. Wie können wir also in der Frage nach dem Nichts und gar in der Frage seiner Befragbarkeit den Verstand verabschieden wollen? Doch ist es so sicher, was wir da voraussetzen? Stellt das Nicht, die Verneintheit und damit die Verneinung die höhere Bestimmung dar, unter die das Nichts als eine besondere Art des Verneinten fällt? Gibt es das Nichts nur, weil es das Nicht, d. h. die Verneinung gibt? Oder liegt es umgekehrt? Gibt es die Verneinung und das Nicht nur, weil es das Nichts gibt? Das ist nicht entschieden, ja nicht einmal zur ausdrücklichen Frage erhoben. Wir behaupten: das Nichts ist ursprünglicher als das Nicht und die Verneinung.

Wenn diese These zu Recht besteht, dann hängt die Möglichkeit der Verneinung als Verstandeshandlung und damit der Verstand selbst in irgendeiner Weise vom Nichts ab. Wie kann er dann über dieses entscheiden wollen? Beruht am Ende die scheinbare Widersinnigkeit von Frage und Antwort hinsichtlich des Nichts lediglich auf einer blinden Eigensinnigkeit des schweifenden Verstandes?

Wenn wir uns aber durch die formale Unmöglichkeit der Frage nach dem Nichts nicht beirren lassen und ihr entgegen die Frage dennoch stellen, dann müssen wir zum mindesten dem genügen, was als Grunderfordernis für die mögliche Durchführung jeder Frage bestehen bleibt. Wenn das Nichts, wie immer, be-fragt werden soll - es selbst - dann muß es zuvor gegeben sein. Wir müssen ihm begegnen können.

Wo suchen wir das Nichts? Wie finden wir das Nichts? Müssen wir, um etwas zu finden, nicht überhaupt schon wissen, daß es da ist? In der Tat! Zunächst und zumeist vermag der Mensch nur dann zu suchen, wenn er das Vorhandensein des Gesuchten vorweggenommen hat. Nun aber ist das Nichts das Gesuchte. Gibt es am Ende ein Suchen ohne jene Vorwegnahme, ein Suchen, dem ein reines Finden zugehört?

Wie immer es damit bestellt sein mag, wir kennen das Nichts, wenn auch nur als das, worüber wir alltäglich dahin und daher reden. Und dieses gemeine, in der ganzen Blässe des Selbstverständlichen verblichene Nichts, das sich so unauffällig

in unserem Gerede herumtreibt, können wir uns sogar kurzerhand in einer ╗Definitionл zurechtlegen: Das Nichts ist die schlechthinnige Verneinung der Allheit des Seienden.

Gibt diese Charakteristik des Nichts am Ende nicht einen Fingerzeig in die Richtung, aus der her es uns allein begegnen kann?

Die Allheit des Seienden muß zuvor gegeben sein, um als solche schlechthin der Verneinung verfallen zu können, in der sich dann das Nichts selbst zu bekunden hätte.

Allein, selbst wenn wir von der Pragwürdigkeit des Verhältnisses zwischen der Verneinung und dem Nichts absehen, wie sollen wir - als endliche Wesen - das Ganze des Seienden in seiner Allheit an sich und zumal uns zugänglich machen? Wir können uns allenfalls das Ganze des Seienden in der ╗Ideeл denken und das so Eingebildete in Gedanken verneinen und verneint ╗denkenл. Auf diesem Wege gewinnen wir zwar den formalen Begriff des eingebildeten Nichts, aber nie das Nichts selbst. Aber das Nichts ist nichts, und zwischen dem eingebildeten und dem ╗eigentlichenл Nichts kann ein Unterschied nicht obwalten, wenn anders das Nichts die völlige Unterschiedslosigkeit darstellt. Und das ╗eigentlicheл Nichts selbst - ist das nicht wieder jener versteckte, aber widersinnige Begriff eines seienden Nichts? Zum letztenmal sollen jetzt die Einwände des Verstandes unser Suchen aufgehalten haben, das nur durch eine Grunderfahrung des Nichts in seiner Rechtmäßigkeit erwiesen werden kann.

So sicher wir nie das Ganze des Seienden an sich absolut erfassen, so gewiß finden wir uns doch inmitten des irgendwie im Ganzen enthüllten Seienden gestellt. Am Ende besteht ein wesenhafter Unterschied zwischen dem Erfassen des Ganzen des Seienden an sich und dem Sichbefinden inmitten des Seienden im Ganzen. Jenes ist grundsätzlich unmöglich. Dieses geschieht ständig in unserem Dasein.

Freilich sieht es so aus, als hafteten wir gerade im alltäglichen Dahintreiben je nur an diesem oder jenem Seienden, als seien wir an diesen oder jenen Bezirk des Seienden verloren. So aufgesplittert der Alltag erscheinen mag, er behält immer noch das Seiende im Ganzen, wenngleich schattenhaft, zusammen. Selbst dann und eben dann, wenn wir mit den Dingen und uns selbst nicht eigens beschäftigt sind, überkommt uns dieses ╗im Ganzenл, z. B. in der eigentlichen Langeweile. Sie ist noch fern, wenn uns lediglich dieses Buch oder jenes Schauspiel, jene Beschäftigung oder dieser Müßiggang langweilt. Sie bricht auf, wenn ╗es einem langweilig istл. Die tiefe Langeweile, in den Abgründen des Daseins wie ein schweigender Nebel hin- und herziehend, rückt alle Dinge, Menschen und einen selbst mit ihnen in eine merkwürdige Gleichgültigkeit zusammen. Diese Langeweile offenbart das Seiende im Ganzen.

Eine andere Möglichkeit solcher Offenbarung birgt die Freude aus der Gegenwart des Daseins - nicht der bloßen Person - eines geliebten Menschen.

Solches Gestimmtsein, darin einem so und so ╗istл, läßt uns inmitten des Seien-

den im Ganzen - von ihm durchstimmt - uns befinden. Die Befindlichkeit der Stimmung enthüllt nicht nur je nach ihrer Weise das Seiende im Ganzen, sondern dieses Enthüllen ist zugleich - weit entfernt von einem bloßen Vorkommnis -das Grundgeschehen unseres Da-seins.

Was wir so ╗Gefühleл nennen, ist weder eine flüchtige Begleiterscheinung unseres denkenden und willentlichen Verhaltens, noch ein bloßer verursachender Antrieb zu solchem, noch ein nur vorhandener Zustand, mit dem wir uns so oder so abfinden.

Doch gerade wenn die Stimmungen uns dergestalt vor das Seiende im Ganzen führen, verbergen sie uns das Nichts, das wir suchen. Und wir werden jetzt noch weniger der Meinung sein, die Verneinung des stimmungsmäßig offenbaren Seienden im Ganzen stelle uns vor das Nichts. Dergleichen könnte entsprechend ursprünglich nur in einer Stimmung geschehen, die ihrem eigensten Enthüllungssinne nach das Nichts offenbart.

Geschieht im Dasein des Menschen ein solches Gestimmtsein, in dem er vor das Nichts selbst gebracht wird?

Dieses Geschehen ist möglich und - wenngleich selten genug - nur für Augenblicke wirklich in der Grundstimmung der Angst.

Mit dieser Angst meinen wir nicht die recht häufige Ängstlichkeit, die im Grunde der nur allzu leicht sich einstellenden Furchtsamkeit zugehört. Angst ist grundverschieden von Furcht. Wir fürchten uns immer vor diesem oder jenem bestimmten Seienden, das uns in dieser oder jener bestimmten Hinsicht bedroht. Die Furcht vor ... fürchtet jeweils auch um etwas Bestimmtes. Weil der Furcht diese Begrenztheit ihres Wovor und Worum eignet, wird der Fürchtende und Furcht-same von dem, worin er sich befindet, festgehalten. Im Streben, sich davor - vor diesem Bestimmten - zu retten, wird er in bezug auf Anderes unsicher, d. h. im Ganzen ╗kopflosл.

Die Angst läßt eine solche Verwirrung nicht mehr aurkommen. Weit eher durch-zieht sie eine eigentümliche Ruhe. Zwar ist die Angst immer Angst vor ..., aber nicht vor diesem oder jenem. Die Angst vor ... ist immer Angst um ..., aber nicht um dieses oder jenes. Die Unbestimmtheit dessen jedoch, wovor und worum wir uns ängstigen, ist kein bloßes Fehlen der Bestimmtheit, sondern die wesenhafte Unmöglichkeit der Bestimmbarkeit. Sie kommt in einer bekannten Auslegung zum Vorschein.

In der Angst - sagen wir - ╗ist es einem unheimlichл. Was heißt das ╗esл und das ╗einemл? Wir können nicht sagen, wovor einem unheimlich ist. Im Ganzen ist einem so. Alle Dinge und wir selbst versinken in eine Gleichgültigkeit. Dies je-doch nicht im Sinne eines bloßen Verschwindens, sondern in ihrem Wegrücken als solchem kehren sie sich uns zu. Dieses Wegrücken des Seienden im Ganzen, das uns in der Angst umdrängt, bedrängt uns. Es bleibt kein Halt. Es bleibt nur und kommt über uns - im Entgleiten des Seienden - dieses ╗keinл.

Die Angst offenbart das Nichts.

Wir ╗schwebenл in Angst. Deutlicher: die Angst läßt uns schweben, weil sie das Seiende im Ganzen zum Entgleiten bringt. Darin liegt, daß wir selbst - diese seienden Menschen - inmitten des Seienden uns mitentgleiten. Daher ist im Grunde nicht ╗dirл und ╗mirл unheimlich, sondern ╗einemл ist es so. Nur das reine Da-sein in der Durchschütterung dieses Schwebens, darin es sich an nichts halten kann, ist noch da.

Die Angst verschlägt uns das Wort. Weil das Seiende im Ganzen entgleitet und so gerade das Nichts andrängt, schweigt im Angesicht seiner jedes ╗Istл-Sagen. Daß wir in der Unheimlichkeit der Angst oft die leere Stille gerade durch ein wahlloses Reden zu brechen suchen, ist nur der Beweis für die Gegenwart des Nichts.

Daß die Angst das Nichts enthüllt, bestätigt der Mensch selbst unmittelbar dann, wenn die Angst gewichen ist. In der Helle des Blickes, den die frische Erinnerung trägt, müssen wir sagen: wovor und worum wir uns ängsteten, war ╗eigentlichл - nichts. In der Tat: das Nichts selbst - als solches - war da.

Mit der Grundstimmung der Angst haben wir das Geschehen des Daseins erreicht, in dem das Nichts offenbar ist und aus dem heraus es befragbar werden muß.

Wie steht es um das Nichts?

Die beantwortung die frage

 Die für unsere Absicht zunächst allein wesentliche Antwort ist schon gewonnen, wenn wir darauf acht haben, daß die Frage nach dem Nichts wirklich gestellt bleibt. Hierzu wird verlangt, daß wir die Verwandlung des Menschen in sein Da-sein, die jede Angst mit uns geschehen läßt, nachvollziehen, um das darin offenkundige Nichts in dem festzunehmen, wie es sich bekundet. Damit ergeht zugleich die Forderung, ausdrücklich die Kennzeichnungen des Nichts fernzuhalten, die nicht im Ansprechen desselben erwachsen sind.

Das Nichts enthüllt sich in der Angst - aber nicht als Seiendes. Es wird ebensowenig als Gegenstand gegeben. Die Angst ist kein Erfassen des Nichts. Gleichwohl wird das Nichts durch sie und in ihr offenbar, wenngleich wiederum nicht so, als zeigte sich das Nichts abgelöst ╗nebenл dem Seienden im Ganzen, das in der Unheimlichkeit steht. Wir sagten vielmehr: das Nichts begegnet in der Angst in eins mit dem Seienden im Ganzen. Was meint dieses ╗in eins mitл?

In der Angst wird das Seiende im Ganzen hinfällig. In welchem Sinne geschieht das? Das Seiende wird doch durch die Angst nicht vernichtet, um so das Nichts übrig zu lassen. Wie soll es das auch, wo sich doch die Angst gerade in der völligen Ohnmacht gegenüber dem Seienden im Ganzen befindet! Vielmehr bekundet sich das Nichts eigens mit und an dem Seienden als einem entgleitenden im Ganzen.

In der Angst geschieht keine Vernichtung des ganzen Seienden an sich, aber ebensowenig vollziehen wir eine Verneinung des Seienden im Ganzen, um das Nichts allererst zu gewinnen. Abgesehen davon, daß der Angst als solcher der ausdrückliche Vollzug einer verneinenden Aussage fremd ist, wir kämen auch mit einer solchen Verneinung, die das Nichts ergeben sollte, jederzeit zu spät. Das Nichts begegnet vor dem schon. Wir sagten, es begegne ╗in eins mitл dem entgleitenden Seienden im Ganzen.

In der Angst liegt ein Zurückweichen vor ..., das freilich kein Fliehen mehr ist, sondern eine gebannte Ruhe. Dieses Zurückvor ... nimmt seinen Ausgang vom Nichts. Dieses zieht nicht auf sich, sondern ist wesenhaft abweisend. Die Abweisung von sich ist aber als solche das entgleitenlassende Verweisen auf das versinkende Seiende im Ganzen. Diese im Ganzen abweisende Verweisung auf das entgleitende Seiende im Ganzen, als welche das Nichts in der Angst das Dasein umdrängt, ist das Wesen des Nichts: die Dichtung.

Sie ist weder eine Vernichtung des Seienden, noch entspringt sie einer Verneinung. Die Nichtung läßt sich auch nicht in Vernichtung und Verneinung aufrechnen. Das Nichts selbst nichtet.

Das Nichten ist kein beliebiges Vorkommnis, sondern als abweisendes Verweisen auf das entgleitende Seiende im Ganzen offenbart es dieses Seiende in seiner vollen, bislang verborgenen Befremdlichkeit als das schlechthin Andere - gegenüber dem Nichts.

In der hellen Nacht des Nichts der Angst ersteht erst die ursprüngliche Offenbarkeit des Seienden als eines solchen: daß es Seiendes ist - und nicht Nichts. Dieses von uns in der Rede dazugesagte ╗und nicht Nichtsл ist aber keine nachgetragene Erklä-rung, sondern die vorgängige Ermöglichung der Offenbarkeit von Seiendem überhaupt. Das Wesen des ursprünglich nichtenden Nichts liegt in dem: es bringt das Da-sein allererst vor das Seiende als ein solches.

Nur auf dem Grunde der ursprünglichen Offenbarkeit des Nichts kann das Da-sein des Menschen auf Seiendes zugehen und eingehen. Sofern aber das Dasein seinem Wesen nach sich zu Seiendem, was es nicht ist und das es selbst ist, verhält, kommt es als solches Dasein je schon aus dem offenbaren Nichts her.

Da-sein heißt: Hineingehaltenheit in das Nichts.

Sichhineinhaltend in das Nichts ist das Dasein je schon über das Seiende im Ganzen hinaus. Dieses Hinaussein über das Seiende nennen wir die Transzendenz. Würde das Dasein im Grunde seines Wesens nicht transzendieren, d. h. jetzt, würde es sich nicht im vorhinein in das Nichts hineinhalten, dann könnte es sich nie zu Seiendem verhalten, also auch nicht zu sich selbst.

Ohne ursprüngliche Offenbarkeit des Nichts kein Selbstbewußtsein und keine Freiheit.

Damit ist die Antwort auf die Frage nach dem Nichts gewonnen. Das Nichts ist weder ein Gegenstand, noch überhaupt ein Seiendes. Das Nichts kommt weder für sich vor, noch neben dem Seienden, dem es sich gleichsam anhängt. Das Nichts ist die Ermöglichung der Offenbarkeit des Seienden als eines solchen für das menschliche Da-sein. Das Nichts gibt nicht erst den Gegenbegriff zum Seienden her, sondern gehört ursprünglich zum Wesen des Seins selbst. Im Sein des Seienden geschieht das Nichten des Nichts.

Allein jetzt muß endlich ein allzu lange zurückgehaltenes Bedenken zu Won kommen. Wenn das Dasein nur im Sichhineinhalten in das Nichts zu Seiendem sich verhalten, also existieren kann und wenn das Nichts ursprünglich nur in der Angst offenbar wird, müssen wir dann nicht ständig in dieser Angst schweben, um überhaupt existieren zu können? Haben wir aber nicht selbst zugestanden, diese ursprüngliche Angst sei selten ? Vor allem aber, wir existieren doch alle und verhalten uns zu Seiendem, das wir nicht selbst und das wir selbst sind - ohne diese Angst. Ist sie nicht eine willkürliche Erfindung und das ihr zugesprochene Nichts eine Übertreibung?

Doch was heißt es: diese ursprüngliche Angst geschieht nur in seltenen Augenblicken? Nichts anderes als: das Nichts ist uns zunächst und zumeist in seiner Ursprünglichkeit verstellt. Wodurch denn? Dadurch, daß wir uns in bestimmter Weise völlig an das Seiende verlieren. Je mehr wir uns in unseren Umtrieben an das Seiende kehren, umso weniger lassen wir es als solches entgleiten, umso mehr kehren wir uns ab vom Nichts. Umso sicherer aber drängen wir uns selbst in die öffentliche Oberfläche des Daseins.

Und doch ist diese ständige, wenngleich zweideutige Abkehr vom Nichts in ge-wissen Grenzen nach dessen eigenstem Sinn. Es - das Nichts in seinem Nichten - verweist uns gerade an das Seiende. Das Nichts nichtet unausgesetzt, ohne daß wir mit dem Wissen, darin wir uns alltäglich bewegen, um dieses Geschehen eigentlich wissen.

Was zeugt eindringlicher für die ständige und ausgebreitete, obzwar verstellte Offenbarkeit des Nichts in unserem Dasein als die Verneinung? Diese soll ja zum Wesen des menschlichen Denkens gehören. Die Verneinung spricht sich im Nein-Sagen je über ein Nicht aus. Die Verneinung bringt aber das Nicht keineswegs aus sich als Mittel der Unterscheidung und Entgegensetzung zum Gegebenen hinzu, um es gleichsam dazwischenzuschieben. Wie soll auch die Verneinung das Nicht aus ihr selbst aufbiingen, wo sie doch nur verneinen kann, wenn ihr ein Vemeinbares vorgegeben ist? Wie soll aber ein Verneinbares und Zuverneinendes als ein Nichthaßes erblickt werden können, es sei denn so, daß alles Denken als solches auf das Nicht schon vorblickt? Das Nicht kann aber nur offenbar werden, wenn sein Ursprung, das Nichten des Nichts überhaupt und damit das Nichts selbst, der Verborgenheit entnommen ist.

Das Nicht entsteht nicht durch die Verneinung, sondern die Verneinung gründet sich auf das Nicht, das dem Nichten des Nichts entspringt. Die Verneinung ist aber auch nur eine Weise des nichtenden, d. h. auf das Nichten des Nichts vorgängig gegründeten Verhaltens. 

Hierdurch ist in den Grundzügen die obige These erwiesen: das Nichts ist der Ursprung der Verneinung, nicht umgekehrt.

Wenn so die Macht des Verstandes im Felde der Fragen nach dem Nichts und dem Sein gebrochen wird, dann entscheidet sich damit auch das Schicksal der Herrschaft der ╗Logikл innerhalb der Philosophie. Die Idee der ╗Logikл selbst löst sich auf im Wirbel eines ursprünglichen Fragens.

So oft und vielfältig nun auch die Verneinung - ob ausgesprochen oder nicht -alles Denken durchsetzt, so wenig ist sie allein der vollgültige Zeuge für die zum Dasein wesenhaft gehörige Offenbarkeit des Nichts. Denn die Verneinung kann weder als das einzige, noch gar als das führende nichtende Verhalten angesprochen werden, darin das Dasein vom Nichten des Nichts durchschüttelt bleibt. Abgründiger als die bloße Angemessenheit der denkenden Verneinung ist die Härte des Entgegenhandelns und die Schärfe des Verabscheuens. Verantwortlicher ist der Schmerz des Versagens und die Schonungslosigkeit des Verbietens. Lastender ist die Herbe des Entbehrens.

Diese Möglichkeiten des nichtenden Verhaltens - Kräfte, in denen das Dasein seine Geworfenheit trägt, wenngleich nicht meistert - sind keine Arten des bloßen Verneinens. Das verwehrt ihnen aber nicht, sich im Nein der Verneinung auszusprechen. Dadurch verrät sich freilich nur erst recht die Leere und Weite der Verneinung.

Die Durchdrungenheit des Daseins vom nichtenden Verhalten bezeugt die ständige und freilich verdunkelte Offenbarkeit des Nichts, das ursprünglich nur die Angst enthüllt. Darin liegt aber: diese ursprüngliche Angst wird im Dasein zumeist niedergehalten. Die Angst ist da. Sie schläft nur. Ihr Atem zittert ständig durch das Dasein: am wenigsten durch das ╗ängstlicheл und unvernehmlich für das ╗Ja Jaл und ╗Nein Neinл des betriebsamen; am ehesten durch das verhaltene; am sichersten durch das im Grunde verwegene. Dieses aber geschieht nur aus dem, wofür es sich verschwendet, umso die letzte Größe des Daseins zu bewahren.

Die Angst des Verwegenen duldet keine Gegen Stellung zur Freude oder gar zum behaglichen Vergnügen des beruhigten Dahintreibens. Sie steht - diesseits solcher Gegensätze - im geheimen Bunde mit der Heiterkeit und Milde der schaffenden Sehnsucht.

Die ursprüngliche Angst kann jeden Augenblick im Dasein erwachen. Sie bedarf dazu keiner Weckung durch ein ungewöhnliches Ereignis. Der Tiefe ihres Waltens entspricht das Geringfügige ihrer möglichen Veranlassung. Sie ist ständig auf dem Sprunge und kommt doch nur selten zum Springen, um uns ins Schweben zu reißen.

Die Hineingehaltenheit des Daseins in das Nichts auf dem Grunde der verborgenen Angst macht den Menschen zum Platzhalter des Nichts. So endlich sind wir, daß wir gerade nicht durch eigenen Beschluß und Willen uns ursprünglich vor das Nichts zu bringen vermögen. So abgründig gräbt im Dasein die Verendlichung, daß sich unserer Freiheit die eigenste und tiefste Endlichkeit versagt.

Die Hineingehaltenheit des Daseins in das Nichts auf dem Grunde der verborgenen Angst ist das Übersteigen des Seienden im Ganzen: die Transzendenz.

Unser Fragen nach dem Nichts soll uns die Metaphysik selbst vorführen. Der Name ╗Metaphysikл stammt aus dem griechischen

τα μετα τα φυσικα. Dieser wunderliche Titel wurde später gedeutet als Bezeichnung des Fragens, das μετα - trans - ╗überл das Seiende als solches hinausgeht.

Metaphysik ist das Hinausfrage╗ über das Seiende, um es als ein solches und im Ganzen für das Begreifen zurückzuerhalten.

In der Frage nach dem Nichts geschieht ein solches Hinausgehen über das Seiende als Seiendes im Ganzen. Sie ist somit als eine ╗metaphysischeл Frage erwiesen. Von den Fragen solcher An gaben wir zu Beginn eine doppelte Charakteristik: jede metaphysische Frage umgreift einmal je das Ganze der Metaphysik. In jeder metaphysischen Frage wird sodann je das fragende Dasein mit in die Frage hineingenommen.

Inwiefern durchgreift und umspannt die Frage nach dem Nichts das Ganze der Metaphysik?

Über das Nichts spricht sich die Metaphysik von altersher in einem freilich mehrdeutigen Satze aus: ex nihilo nihil fit, aus Nichts wird Nichts. Wenngleich in der Erörterung des Satzes das Nichts selbst nie eigentlich zum Problem wird, so bringt er doch aus dem jeweiligen Hinblick auf das Nichts die dabei leitende Grundauffassung des Seienden zum Ausdruck.

Die antike Metaphysik faßt das Nichts in der Bedeutung des Nichtseienden, d. h. des ungestalteten Stoffes, der sich selbst nicht zum gestalthaften und demgemäß ein Aussehen (ειδοζ) bietenden Seienden gestalten kann. Seiend ist das sich bildende Gebilde, das als solches im Bilde (Anblick) sich darstellt. Ursprung, Recht und Grenzen dieser Seinsauffassung werden so wenig erörtert wie das Nichts selbst.

Die christliche Dogmatik dagegen leugnet die Wahrheit des Satzes ex nihilo nihil fit und gibt dabei dem Nichts eine veränderte Bedeutung im Sinne der  Abwesenheit des außergöttlichen Seienden: ex nihilo fit - ens creatum. Das Nichts wird jetzt der Gegenbegriff zum eigentlich Seienden, zum summum ens,zu Gott als ens increatum. Auch hier zeigt die Auslegung des Nichts die Grundauffassung des Seienden an. Die metaphysische Erörterung des Seienden hält sich aber in derselben Ebene wie die Frage nach dem Nichts. Die Fragen nach dem Sein und Nichts als solchen unterbleiben beide. Daher bekümmert auch gar nicht die Schwierigkeit, daß, wenn Gott aus dem Nichts schafft, gerade er sich zum Nichts muß verhalten können. Wenn aber Gott Gott ist, kann er das Nichts nicht kennen, wenn anders das ╗Absoluteл alle Nichtigkeit von sich aus-schließt.

Diese rohe historische Erinnerung zeigt das Nichts als Gegenbegriff des eigent-lich Seienden, d.h. als dessen Verneinung. Wird aber das Nichts irgendwie zum Problem, dann erfährt dieses Gegenverhältnis nicht etwa nur eine deutlichere Bestimmung, sondern es erwacht erst die eigentliche metaphysische Fragestellung nach dem Sein des Seienden. Das Nichts bleibt nicht das unbestimmte Gegenüber für das Seiende, sondern es enthüllt sich als zugehörig zum Sein des Seienden.

╗Das reine Sein und das reine Nichts ist also dasselbe.л Dieser Satz Hegels (Wissenschaft der Logik I. Buch, WW III, S. 74) besteht zu Recht. Sein und Nichts gehören zusammen, aber nicht weil sie beide - vom Hegelschen Begriff des Denkens aus gesehen - in ihrer Unbestimmtheit und Unmittelbarkeit übereinkommen, sondern weil das Sein selbst im Wesen endlich ist und sich nur in der Transzendenz des in das Nichts hinausgehaltenen Daseins offenbart.

Wenn anders die Frage nach dem Sein als solchem die umgreifende Frage der Metaphysik ist, dann erweist sich die Frage nach dem Nichts von der Art, daß sie das Ganze der Metaphysik umspannt. Die Frage nach dem Nichts durchgreift aber zugleich das Ganze der Metaphysik, sofern sie vor das Problem des Ursprungs der Verneinung zwingt, d. h. im Grunde vor die Entscheidung über die rechtmäßige Herrschaft der ╗Logikл in der Metaphysik.

Der alte Satz ╗ex nihilo nihil fitл erhält dann einen anderen, das Semsproblem selbst treffenden Sinn und lautet: ex nihilo omne ens qua ens fit. Im Nichts des Da-seins kommt erst das Seiende im Ganzen seiner eigensten Möglichkeit nach, d. h. in endlicher Weise, zu sich selbst.

Inwiefern hat sodann die Frage nach dem Nichts, wenn sie eine metaphysische ist, unser fragendes Dasein in sich hineingenommen?

Wir kennzeichneten unser Dasein als wesentlich bestimmt durch die Wissenschaft. Wenn unser so bestimmtes Dasein in die Frage nach dem Nichts gestellt ist, dann muß es durch diese Frage fragwürdig geworden sein.

Das wissenschaftliche Dasein hat seine Einfachheit und Schärfe darin, daß es sich in einer ausgezeichneten Weise zum Seienden selbst verhält und einzig zu ihm. Das Nichts möchte die Wissenschaft mit überlegener Geste preisgeben. Jetzt aber wird im Fragen nach dem Nichts offenbar, daß dieses wissenschaftliche Dasein nur möglich ist, wenn es sich im vorhinein in das Nichts hineinhält. Es versteht sich nur dann in dem, was es ist, wenn es das Nichts nicht preisgibt.

Die vermeintliche Nüchternheit und Überlegenheit der Wissenschaft wird zur Lächerlichkeit, wenn sie das Nichts nicht ernst nimmt. Nur weil das Nichts offenbar ist, kann die Wissenschaft das Seiende selbst zum Gegenstand der Untersu-chung machen. Und nur wenn die Wissenschaft aus der Metaphysik existiert, vermag sie ihre wesenhafte Aufgabe stets neu zu gewinnen, die nicht im Ansammeln und Ordnen von Kenntnissen besteht, sondern in der immer neu vollzogenen Erschließung des ganzen Raumes der Wahrheit von Natur und Geschichte.

Einzig weil das Nichts im Grunde des Daseins offenbar ist, kann die volle Befremdlichkeit des Seienden über uns kommen. Nur wenn die Befremdlichkeit des Seienden uns bedrängt, weckt es und zieht es auf sich die Verwunderung. Nur auf dem Grunde der Verwunderung - d. h. der Offenbarkeit des Nichts - entspringt das ╗Warum?л. Nur weil das Warum als solches möglich ist, können wir in be stimmter Weise nach Gründen fragen und begründen. Nur weil wir fragen und h╗. gründen können, ist unserer Existenz das Schicksal des Forschers in die Hand ge geben.

Die Frage nach dem Nichts stellt uns - die Fragenden - selbst in Frage. Sie ist eine metaphysische.

Das menschliche Dasein kann sich nur zu Seiendem verhalten, wenn es sich in das Nichts hineinhält. Das Hinausgehen über das Seiende geschieht im Wesen des Daseins. Dieses Hinausgehen aber ist die Metaphysik selbst. Darin liegt: Die Metaphysik gehört zur ╗Natur des Menschenл. Sie ist weder ein Fach der Schulphilosophie, noch ein Feld willkürlicher Einfälle - sie ist das Grundgeschehen im und als Dasein selbst.

Weil die Wahrheit der Metaphysik in diesem abgründigen Grunde wohnt, hat sie die ständig lauernde Möglichkeit des tiefsten Irrtums zur nächsten Nachbarschaft. Daher erreicht keine Strenge einer Wissenschaft den Ernst der Metaphysik. Und Philosophie kann nie am Maßstab der Idee der Wissenschaft gemessen werden.

Wenn die aufgerollte Frage nach dem Nichts wirklich von uns mitgefragt wurde, dann haben wir die Metaphysik uns nicht von außen vorgeführt. Wir haben uns auch nicht erst in sie ╗versetztл. Wir können uns gar nicht in sie versetzen, weil wir - sofern wir existieren - schon immer in ihr stehen.φυσει γαρω, φιλε ,ενεστι τιζ φιλοσοφια τε του ανδροσ διανοια. (Platon, Phaidros 279a). Sofern der Mensch existiert, geschieht das Philosophieren.

Philosophie - was wir so nennen - ist nur das In-Gang-bringen der Metaphysik, in der sie zu sich selbst und ihren ausdrucklichen Aufgaben kommt. Und die Philosophie kommt nur in Gang durch einen eigentümlichen Einsatz der eigenen Existenz in die Grundmöglichkeiten des Daseins im Ganzen. Für diesen Einsatz ist entscheidend: einmal das Raumgeben für das Seiende im Ganzen; sodann das Sichloslassen in das Nichts, d. h. Freiwerden von den Götzen, die jeder hat und zu denen er sich wegzuschleichen pflegt; und am Ende das Ausschwingenlassen dieses Schwebens, auf daß es ständig zurückschwinge in die Grundfrage der Metaphysik, die das Nichts selbst erzwingt:

Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?

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