BRUNO BAUER

Die Mythe von Hegel

Fast alle grossen Manner haben das Schicksal, unmittelbar nach ihrem Tode ein Gegenstand der Volksmythe zu werden. Diesem Schicksal ist denn auch Hegel nicht entgangen. Es treibt sich seit mehreren Jahren ein Mythus uber ihn im Munde der Unverstandigen und in manchen diesem Niveau angehorigen Blattern herum, dessen stetes Wiederaufleben uns zu ein paar erlauternden Worten veranlasst. Die Sache ist diese. Der grosse Philosoph soll kurz vor seinem Tode ausgesprochen haben: „Keiner seiner Schuler habe ihn verstanden, ausser Einem, dieser habe ihn aber missverstanden." - „Sie haben mich nicht verstanden!" hat der grosse Denker geseufzt, und ist gestorben.
    Volksmythen haben einen Kern von Wahrheit, der ihnen auch dann bleibt, wenn (wie in diesem Falle gar nicht zu bezweifeln steht) historisch an der Sache gar nichts ist. Denn was kein Verstand der Verstandigen sieht, das ahnet in Einfalt ein kindlich Gemut! Es handelt sich nur darum, den richtigen Kern der Mythe aufzufinden. Die bisherigen und eifrigsten Verbreiter dieser Sage benutzten dieselbe, bewusst oder unbewusst, zu den Zwecken einer Partei, welche seitdem ihre Taktik verundert und jene Philosophie aus der olympischen Hohe einer bequemen, unverstandenen, also unzuganglichen Hof- und Staatsphilosophie in die Opposition zu verdrangen gewusst hat. Damals handelte es sich darum, die Hegelsche Lehre, deren Bedeutsamkeit man nachgerade zu ahnen anfing, teils ins Lacherliche zu ziehen, teils der offentlichen Meinung als eine dunkle, unverstandliche und also unpraktische Theorie zu verleiden; eine Taktik, welche wenigstens wohl ausersonnen und fein berechnet war. - Nun kann es aber keinem der nur irgend Kenntnis von der Sache hat, entgehen, dass diese Deutung des Mythus nicht nur eine willkurliche, sondern auch vollig unwahrscheinlich und den faktischen Sachverhaltnissen geradezu zuwider ist. Weder die Hegelschen Vortrage noch seine in Tausenden von Exemplaren verbreiteten Schriften sind so unverstandlich, dass nicht jeder einigermassen aufgeweckte Kopf, besonders dafern er nicht aller modernen Schul- und Weltbildung entfremdet ist, zu ihrem Verstandnisse gelangen konnte. Es handelt sich fast um nichts mehr, als was bei allen strengeren Wissenschaften erforderlich ist, namlich um Fleiss, Ausdauer und Zueigenmachung einer nur zum Teil neuen Terminologie. Hunderte von Schulern, Tausende von Lesern haben Hegel verstanden und verstehen ihn fortwahrend sehr wohl. Sein System ist das herrschende geworden; es ist klar wie der Geist, auf dessen Denkgesetze es sich grundet. - Das also kann der Sinm jener Mythe nicht sein, er ware alsdann keine Wahrheit, er ware eine Albernheit!
    Wo liegt nun der Sinn jener mythischen Worte? Er kann nicht klarer sein! Es ist bekannt, es entgeht keinem, der dem Hegelschen Ideengange folgt, und ist in der junghegelschen Kritik schon oft beruhrt worden, dass Hegel seinem Ideengange sehr haufig, scheinbar, untreu wird, dass er seine Satze nicht bis zu ihren notwendigen Konsequenzen, besonders da, wo sie unser faktisches, staatlkhes und kirchliches Leben beruhren, hindurchfuhrt. Dies sind jene Reticenzen und Akkommodationen, jene „Zijrechtmachereien" Hegels, von denen schon oft die Rede gewesen ist. Uberall, wo seine Satze den bestehenden Vorurteilen der Gewaltigen und Glaubigen zu nahe zu treten drohten, hat er dieselben'mit einer, nur einem grossen Geiste moglichen, Gewandtheit gezugelt und wohl oder ubel jene Wendungen gewahlt, wodurch manche, die sich nur an Resultate zu halten pflegen, verleitet worden sind, in der Hegelschen Lehre Stutzen fur abgestorbene politische und orthodoxe Prinzipien zu finden, deren Erledigung und definitive Beseitigung just nirgends unabweisbarer als durch die Hegelschen Konsequenzen jetzt sich herausstellt. - Sollte Hegel wirklich seine eigenen Konsequenzen nicht gefolgert haben: sollte ein so begabter Geist nur bis zu gewissen ausseren Schranken hin klar gedacht, daruber hinaus aber so borniert als andere gewesen sein? Diese Frage i'st nicht aufzuwerfen. Wohl aber eine andere. Sollte Hegel nicht gewusst haben, dass eine jede, auch die gute und kraftige Saat Sonnenschein und Fruhlingswetter bedarf, bis sie sich hinreichend bewurzelt und bestockt hat, um Gewittern und Sturmen Trotz bieten zu konnen? Sollte Hegel nicht auch seiner Saat gute Witterung zum Aussaen und Keimen fur unumganglich notig gehalten haben? Sollen wir ihm nicht die Resignation zutrauen, dass er sich begnugte auszusaen, damit andere die edle Frucht, die einer langsamen Reife bedurfte, ernteten? Einem Denker wie Hegel Weltklugheit und Voraussicht zuzutrauen, ist jedenfalls naherliegend, als ihn just in den bekannten, einzelnen, sehr charakteristischen Punkten mit chinesischer Borniertheit behaftet zu denken. Jenes ist mehr als wahrscheinlich, dieses unglaublich. Wenn nun Hegel wirklich nicht alles gesagt hat, was er dachte, weil er nicht durfte - was karin er gemeint haben (oder was meint die Mythe, welche ihn so sagen lasst), wenn er sagte: „Sie haben mich nicht verstanden!" Gewiss nicht jene Worte, welche vernehmlich in die Ohren seiner Horer drangen und welche der Pressbengel verewigt hat; wohl aber das, was er nicht aussprach, was der nicht verstehen konnte, der den Lehrer zu sehr beim Worte nahm. Auf fortdenkende Schuler hatte Hegel gerechnet! Dass er nicht allenthalben solche gefunden hat, lehrt die Geschichte seiner Schule und ihrer Fraktionen. Bei Lebzeiten Hegels ist dies wootliche Verstehen, welches ein Missverstehen ist, das einzige. Erst nach seinem Tode geht das wahre Verstandnis seiner Philosophie auf; und so hat der Mythus nur prophezeit, was wir jetzt erfullt sehen.
   
 

 


БРУНО БАУЭР

Миф о Гегеле

Почти каждый великий человек после смерти становится темой для мифа. Эта сутъба не миновала и Гегеля.Зародившийся миф искажает истину, причем различные общественные уровни порождают несколько его объяснений. В этом все дело. Великий философ незадолго до смерти недвусмысленно объявил:"Никто из моих последователей не понял меня, исключая одного - да и тот понял превратно!"
    Народная молва содержала зерно истины - таковой она и остается, хотя (но на этом безвыходном положении нельзя настаивать), исторически этот вопрос не был разр